Gefühle im Klassenzimmer?

Letztens hatte ich ein Gespräch mit jemandem, der meinte, „Gefühle sind nicht so meins“.
Ich habe mich richtig erschrocken.
Aber wir leben tatsächlich noch immer in einer Welt, in der Gefühle „Privatsache“ sind.
Wieso bloß, habe ich mich gefragt.
Wenn ich empathisch hinhöre, dann bemerke ich, dass in derartigen Äußerungen etwas Unsicherheit und vielleicht auch etwas Misstrauen steckt.
Wenn ich diesen Satz nun in die Sprache der Gewaltfreien Kommunikation übersetze, bedeutet das:
– Da ist eine große Sehnsucht nach Ruhe, vor allem in mir selbst.
– Wenn ich meine Gefühle zurück halte, mich „im Griff“ habe, dann kann ich eventuell besser auf andere eingehen, also achtsam gegenüber anderen Menschen sein.
– So sorge ich dafür, dass mir andere vertrauen können.
– Wenn ich mich anderen nicht in meiner Verletzlichkeit zeigen möchte – denn Gefühle zeigen macht verletzlich – dann möchte ich auch für meinen Schutz und meine Integrität sorgen.
– Ich möchte also die Verantwortung für mein Wohlbefinden tragen.
Nach diesen Gedanken konnte ich besser und ruhiger nachvollziehen, welche schönen Sehnsüchte und Bedürfnisse sich diese Menschen, indem sie Gefühle verbergen, zu erfüllen wünschen:
Nämlich in Ruhe, Vertrauen zwischen allen fördern und Selbstverantwortung übernehmen.
Und doch sehne ich mich persönlich nach einer Welt, in der Gefühle nicht Privatsache sind, sondern genauso wichtig wie sachliche Argumente. Gefühle sind unsere Verbindung zur Lebendigkeit.
Wir fühlen unser Leben, wir denken es nicht.
Wenn wir denken, es wäre besser Gefühle zurückzuhalten, meinen wir damit auch unsere Lebensfreude? Unseren Humor? Den Spaß an der Herausforderung oder die tiefe Ruhe des Flows, wenn wir ganz in unserem Tun versinken?
Nein, diese Gefühle sind erlaubt. Sie helfen uns ja in Verbindung zu kommen mit uns und unseren Mitmenschen.
Aber gehören Traurigkeit, Wut, Misstrauen, Verzweiflung, Hilflosigkeit nicht ebenfalls dazu?
(Falls jemand den Film „Alles steht Kopf“ noch nicht gesehen hat, hiermit empfehle ich ihn herzlich. Da wird gezeigt, dass aus tiefer Verbindung mit Traurigkeit, große Freude entsteht)
Durch traurige, schmerzhafte, Gefühle kommen wir genauso in Kontakt mit uns und unserer Umgebung, wenn nicht sogar tiefer als nur durch Positives. Und vor allem dürfen wir uns dabei entspannen. Immer positiv zu sein, die negativen Gefühle nicht zu zeigen, bedeutet latente Anspannung. Das ist anstrengend.
Außerdem verlieren wir den authentischen Kontakt zu unseren Gefühlen und wissen gar nicht mehr, was wir da genau fühlen. Und dann wird es sehr schwierig herauszufinden, was wir brauchen.
Wenn wir unsere Gefühle fühlen dürfen, dann können wir uns tatsächlich wesentlich tiefer entspannen. Wir treten in eine ruhige, tiefe Verbindung mit uns selbst, denn wir müssen nicht mehr weglaufen. Und wir haben keine Angst vor der Angst oder Wut auf die Wut usw. Es ist alles viel weniger schlimm, wenn wir unsere negativen Gefühle einfach annehmen.
Und wenn wir uns gegenseitig öffnen, dann entsteht tiefes Vertrauen, echte Verbindung und aufrichtige Nähe.
Dann breitet sich echter Frieden zwischen uns aus und im Raum herrscht kühle, offene, klare Luft. Ich hoffe, du kennst dieses Gefühl in einer Gemeinschaft: ganz du selbst sein zu können.
Erzähl doch deinen Schüler/-innen davon, wie schön das ist. Frag sie, ob sie es auch kennen, und ob es nicht schön wäre das auch in der Klasse zu haben.
Und hänge eine Gefühls-Wand an:
Hänge ein leeres Plakat an die Wand.
Teile es in 3 Spalten.
Schreibe in die Mitte „Ruhig“
Links „Traurig“, Rechts „Fröhlich“.
Verteile an alle Schüler ein Post-It.
Die Kinder schreiben nun ihre Namen auf und kleben dann das Post-It zu dem Gefühl, das gerade da ist.
So haben nun alle einen Überblick über die Stimmung in der Klasse und vor allem auch Du.
Außerdem gibt es Stoff zum Miteinander Reden.